Im ersten Teil: Aufbau der Lackschichten haben wir uns mit der Zusammensetzung der Fahrzeuglackierung beschäftigt. In dem zweiten Teil wollen wir Euch einige Basics zu Kratzertypen vermitteln, die damit verbundenen Probleme sowie Lösungsansätze präsentieren. Los geht’s …
Wie bereits beschrieben, dient die relativ dicke Klarschicht dem Schutz des Basislacks und der ihr Zustand bestimmt über das Glanzbild sowie die Ausprägung der des Spieleffekts.
Anders als in der oberen Abbildung dargestellt, ist die Klarlackoberfläche nie spiegelglatt sondern besitzt je nach Dicke eine weniger oder weniger ausgeprägte Orangenhaut.
Die Orangenhaut ist kein Lackdefekt und beeinträchtigt lediglich der Eintritt- und Austrittswinkel des Lichtstrahls. Das Ergebnis ist hoffentlich jedem bekannt: die Reflexion der Objekte besitzt ausgefranste und wellige Kanten. Trotzdem empfinden wir die Verzerrungen durch Orangenhaut bei weitem nicht so störend wie diejenigen, welche durch Kratzer und echte Lackdefekte verursacht werden.
Die Lackkratzer kann man zunächst grob nach der Tiefe kategorisieren.
Dieses Bild zeigt die häufigsten Lackprobleme und verdeutlicht die damit verbundenen Hauptprobleme:
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verwitterte/ausgebrannte Lackoberfläche
Die verwitterte/ausgebrannte Lackoberfläche tritt überwiegend bei Unilacken ohne Klarlackschicht auf und wirkt zunächst rein optisch wie ein Supergau. Der Lack sieht extrem stumpf aus und erinnert an eine oxidierte Aluoberfläche. Meist ist jedoch wirklich nur die Oberfläche betroffen und lässt sich daher unkompliziert mit Schleifpasten wieder ausbessern. Aus diesem Grund sind ausgerechnet solche Härtefälle ein beliebtes Zielobjekt für vor/danach Vergleiche.
Lösung gegen ausgebrannte Lackoberfläche: Es wird zunächst eine heavy-cut Schleifpaste mit einem harten Polierschwamm benötigt. Im Wesentlichen muss hier der Step 1 des Polierverfahrens durchgeführt werden. -
Hologramme (feinste Schleifspuren)
Die Hologramme entstehen, wenn viele absolut microskopischen Kratzer in hoher Dichte auf der Lackoberfläche auftreten. Dies geschieht sehr häufig nach dem Einsatz einer Rotationsmaschine in Verbindung mit falscher Handhabung, einer starken Schleifpaste und stark abrasiven oder gar verschmutzten Polierpads. Die Hologramme können erst mit einer sehr starken Lichtquelle aufgedeckt werden und wirken optisch wie kleine hauchdünner, formloser Schleier/Wolken.
Lösung gegen Antihologramme: Hier reicht oftmals eine Hochglanz- bzw. Antihologrammpolitur in Verbindung mit einem sauberen(!) (mittel)weichem Polierschwamm. Sehr empfehlenswert ist ein absolut reines superflauschiges Abnahme-Microfasertuch. Im Wesentlichen muss hier der Step 2 des Polierverfahrens durchgeführt werden.
Swirls (Haarriss-Kratzer / Waschstraßenkratzer)
Swirls sind ebenfalls feinste Kratzer, allerdings sind diese bereits deutlich tiefer und vorallem schärfer als die relativ „glatten“ Schürfspuren eines Hologramms. Die Ausprägung der Swirls erinnert unter einer fokussierten Lichtquelle an kreisförmige Spinnenweben und können sowohl bei Waschanlagenwäsche, Handwäsche aber auch Fahrzeugen ohne Autowäsche-Erfahrung entstehen. Die Swirls selbst sind nicht(!) kreisförmig – dies ist lediglich eine optische Täuschung.
Auch der Einsatz der Lackreinigungsknete kann(!) Swirls produzieren, daher ist darauf zu achten, dass die Lackoberfläche vor dem Einsatz so gut wie es nur geht vorgereinigt ist. Eine ausführliche Anleitung zum Einsatz der Lackknete findet ist hier.
Lösung gegen Swirls: Hier reicht oftmals eine Hochglanz- bzw. Antihologrammpolitur in Verbindung mit einem sauberen(!) (mittel)weichem Polierschwamm. Sehr empfehlenswert ist ein absolut reines superflauschiges Abnahme-Microfasertuch. Im Wesentlichen muss hier der Step 2 des Polierverfahrens durchgeführt werden. Bei Tiefe der Swirls kann sehr stark variieren, manche Swirls kann man daher schon als echte Krater bezeichnen, was den Einsatz der stärkeren Polituren notwendig macht.
„Echte“ Kratzer
Die echten Krater entstehen durch eine starke mechanische Einwirkung von Fremdgegenständen gegen die Lackoberfläche. Die häufigsten Ursachen sind Autoschlüsselkratzer, Reissverschluss-Schieber-Kontakt, Fingernägel-Lackkontakt, Ablegen von harten oder scharfen Gegenständen auf dem Fahrzeug sowie unsachgemäße Lackaufbereitung mit unsauberem bzw. konraminierten Zubehör (Microfasertücher, Polierschwämme, Knete).
Auf der Abbildung sind mehrere unterschiedlich-tiefe Kratzer dargestellt – von unbedenklich bis „ach du scheiße“. Das ist die Schnittform eines Kratzer keineswegs so gerade. Vielmehr sind die Lackkratzer hässliche unregelmäßige Furchen mit stark aufgerauten Flanken (Dazu mehr in dem dritten Teil).
Lösung gegen Kratzer: Leider muss vorweg gesagt werden, dass nicht alle Kratzer einfach so herauspoliert werden können. Gerade die Kratzer die sehr nah an den Basislack herannreichen oder diesen sogar mitnehmen sollte man nicht mehr auspolieren, sondern per Spot Repair beseitigen. Bei Steinschlagschäden ist dies fast schon ein Standardprogramm. Ansonsten gilt die gleiche Vorgehensweise wie schon bei verwitterten Lacken: je nach Kratzertiefe kann eine Heavy Cut Schleifpaste und ein fester Polierschwamm erforderlich werden. Um die nicht betroffenen Bereich nicht unnötig zu polieren, wird zudem zu einem kleineren Stützteller-Durchmesser angeraten. Gerade bei punktuellen Behandlungen der Lackoberfläche lohnt sich schon ein Blick Richtung Nano-Polisher wie (Proxon, Tritz oder Rupes Ibrid)
Das waren zunächst die Basics zu Kratzertypen und die ersten Hilfestellungen zur Kratzerbeseitigung. Wenn Ihr noch nicht eingeschlafen seid, möchte ich Euch zu dem dritten Teil der Reihe Wissenswertes über Autolack – Teil 3/3: Lichtreflexionen und Versiegelung.
Die Tipps gegen Kratzer sind uns sehr hilfreich um zu bestimmen, ob der Wagen neu lackiert sein soll. Habe beschlossen, den alten Wagen an den Sohn zu übergeben. Der möchte selbstverständlich den Look etwas aufpeppen. „Echte“ Kratzer haben wir doch, wie ich begriffen habe.